Mediquire – Das Analyse Tool für den gläsernen Arzt

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Analyse Tools, die Daten aus elektronischen Patientenakten einer ganzen Klinik auswerten können, gibt es zuhauf. Mit ihnen können zum Beispiel Patienten mit einem besonderen Merkmal herausgefiltert und deren Daten zu Studienzwecken miteinander verglichen und ausgewertet werden. Dies hat einen zunehmend hohen Stellenwert bei der Erforschung seltener Erkrankungen.

Wie performant bin ich den heute?

Das auf den amerikanischen Markt zugeschnittene MediQuire hat da mal einen ganz Ansatz: die Anordnungen der Ärzte steht im Mittelpunkt der Analysesoftware.
Mediquire erstellt aus den Daten der Patientenakten Statistiken, die Auskunft über die individuellen Behandlungsweisen jedes einzelnen Arztes in der Einrichtung geben.

„Turning data into quality improvements“

…lautet das Motto von mediquire. Ärzte können auf einem persönlichen Dashboard ihre eigene Performance sehen und erhalten Statistiken, wie sie im Vergleich zu ihren „Peers“, also zum Beispiel allen Kollegen ihres Fachbereichs, da stehen.
Ordne ich mehr Untersuchungen an als der Durchschnitt? Bin ich der Einzige, der nie Medikament xy verordnet, obwohl es doch die Leitlinien-gerechte Therapie wäre?
Durch dieses „Feedback“ sollen die Ärzte ihre eigene Behandlungsstrategie und somit die Versorgungsqualität „verbessern“ lernen. Klingt nach einer Art freiwilligen Selbstkontrolle und kann doch nur im Sinne des Patienten sein, oder?!

Lehrinhalte für Ärzte

Ferner sollen dem Arzt individuelle Lerninhalte angeboten werden. Ein ehrgeiziger Ansatz, denn die entsprechenden Wissenslücken sind sehr vielfältig und individuell. Zudem ist dieser Markt auch schon längst besetz, so bietet zum Beispiel der Global-Player Wolter Kluwer seit Jahren sein UpToDate® an. Das kostenpflichtige Produkt bietet Ärzten über einen Webzugang eine umfangreiche Wissensdatenbank und eine aktive Ärzte-Forum für individuelle Fachfragen.

Vermeintliches Einsparungspotential soll Krankenhäuser locken

Die durch den Einsatz von Mediquire versprochene Qualitätsverbesserung soll zu Kosteneinsparungen von bis zu 10 Millionen US-$ im Jahr führen, behauptete der CEO Klaus Königshausen in einem Interview. Wie sich diese Summe errechnet erfahren wir leider nicht. Jedenfalls eignet sich die Zahl prima, um die stolzen jährlichen Lizenzkosten von 100.000 bis 200.000 US-$ für die SaaS-Web-Anwendung zu rechtfertigen.

Missbrauch vorprogrammiert?

Hört, hört: für den Fall, dass die Ärzte nicht von selbst „an sich arbeiten“, gibt es natürlich auch ein Dashboard mit einer Gesamtübersicht für die Leitungsebene. Es können Suchanfragen definiert werden, zum Beispiel wer im Haus die meisten (teuren) MRT-Untersuchungen anordnet.

Klar, dass die Anwendung in der Hand von übereifrigen Controllern großes Potential für Einsparungen bieten kann. Aus der Selbstkontrolle wird schnell eine Überwachung. Ähnlich sieht das auch Stephanie Baum in ihrem Artikel auf medcitynews: „Will hospitals use the data in the way envisioned? Or will they use it as a punitive measure for physicians?“

Im schlimmsten Falle könnte dies dazu führen, dass Ärzte an sich notwendige Untersuchungen nicht mehr verordnen, aus Angst in der Statistik „aufzufallen“.

Fazit

Es stellt sich mir die Frage: sind diese Statistiken wirklich hilfreich, um eine Aussage über die Behandlungsqualität zu geben?
Kann der Software-Algorithmus den Umständen eines jeden der individuellen Behandlungsfälle Rechnung tragen oder nur stur aufsummieren und numerische Werte liefern?

Die Software liefert beides: Klinische und finanzielle Metriken. Die einen wollen Potential zur Qulitätsverbesserung bieten, die anderen Einsparungsperspektiven aufzeigen.
Wobei Qualitätsverbesserung nicht unbedingt Kosteneinsparung bedeuten muss: es ist auch sehr wahrscheinlich, dass die Ärzte bisher zu wenig Therapie verschreiben. Durch Mediquire könnte dann Leitlinien-gerecht entsprechend mehr angesetzt werden. Gut für den Patienten, schlecht für den Controller mit dem „versprochenen“ 10 Millionen Einsparungspotential im Hinterkopf.

Es wäre sicher spannend, in unabhängigen Studien zu evaluieren, auf welche Metriken die Kunden von Mediquire besonders wert legen und ob die versprochenen Ziele in Sachen Behandlungsqualität und Einsparungspotential überhaupt erreicht werden können. Ebenso könnten die Ärzte befragt werden: sehen sie die Anwendung als hilfreich an (würden sie sie weiter empfehlen), oder überwiegt der „Überwachungscharakter“?

Das Interview in der Halbzeitpause – David Meinertz von DrEd

logo DrEdDotComAuf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2014 hatte ich Gelegenheit ein Interview mit David Meinertz zu führen.Er ist einer der Gründer von DrEd, einem  Telehealth-Startup, dass sich selbst medienwirksam als „die erste deutschsprachige Arztpraxis im Internet“ präsentiert.

Wir führten das Gespräch im Anschluss an die sehr informative und erstklassig besetzte Session zu Entrepreneurship im Gesundheitsbereich. Neben DrEd waren auch Vertreter von den vielversprechenden deutschen Startups Caterna und Novengo dabei.

Haupstadtkongress Entrepreneure Internetmedizin Foto by shari langemak

Foto via twittpic by @slangemak

Nun, ja, genau genommen machten wir das Interview nicht direkt im Anschluss an die Session, denn erst mal war Anstoß des WM-Spiels Deutschland vs.USA. Die Partie wurde auf einer Videowall in der Kongresshalle gezeigt und wir nutzten die Halbzeitpause für das Interview.

Hier der Mitschnitt im O-Ton, darunter eine schriftliche Zusammenfassung und zum Schluss einige persönliche Gedanken zu DrEd:

Zusammenfassung des Interviews

Wie viele Ärzte arbeiten bei euch?
Sechs. Zwei in Vollzeit, der Rest in Halbzeit.

Wie viele Patienten behandelt ihr pro Tag?
400-500 Patienten

Wie verteilen sich die Anfragen der Patienten auf die unterschiedlichen Sprechstunden?
Ein Drittel Frauengesundheit (Verhütung, Blasenentzündung), ein Drittel Männergesundheit (Potenzstörungen) und ein Drittel alles andere, zum Beispiel Malaria Prophylaxe, Heuschnupfen oder ein Folgerezept für Bluthochdruck.

Es könnte der Eindruck entstehen , dass ihr eine Art „virtueller Rezeptblock“ seid. Oder bietet ihr etwas darüber hinaus?
Wir sehen das nicht so, aber in der Tat sind viele unserer Behandlungen medikamentös. Patienten senden uns oft Fotos von Hauterkrankungen, da beraten wir ohne jegliche medikamentöse Therapie. Viele unserer Beratungen enden in einem Rezept, das sehen wir aber nicht als das Entscheidende. Wir liefern zusätzlich Patienteninformationen zu der Erkrankung über die DrEd Patientenakte. Der Patient kann sich zu jeder Zeit telefonisch oder über seine Akte bei uns melden und Fragen stellen.

Es gibt unterschiedliche Formen der Sprechstunde: Online Fragebogen, Telefon oder Video-Chat. Durchläuft der Patient alle 3 Wege oder kann er wählen?
Der Patient wählt den Weg. Die meisten wählen den asynchronen Weg und füllen nur den Fragebogen aus. Wenn dem Arzt noch Informationen fehlen, wird der Patient kontaktiert. Die Behandlungsgebühr ist ein Festpreis, unabhängig davon, welchen Weg der Patient wählt und ob einmal oder zehnmal hin-und-her kommuniziert werden muss.

Gibt man in den Fragebogen „ja“ an, öffnen sich weitere Fragen, gibt man immer „nein“ an, ist man zügig durch den Fragebogen durch. Glaubt ihr, dass Patienten teilweise falsche Informationen angeben, nur um schnell an ihr Rezept zu kommen?
Das können wir nicht ausschließen. wir appellieren an die Eigenverantwortlichkeit des Patienten. Wenn er unbedingt will, kann der Patient auch in der Hausarztpraxis lügen. Unsere Prämisse: wer sein Viagra unbedingt haben will, kann er es auch über dubiose Anbieter direkt im Internet bestellen. Bei uns sind es schon 40-50 Fragen, durch die er beantworten muss. Unser Feedback ist: die Meisten füllen es wahrheitsgemäß aus. Wenn unsere Ärzte Zweifel haben, lehnen wir den Patienten ab und verweisen an den Hausarzt.

Die Online-Fragebögen. Wer es eilig hat, wähle stets "nein". (Screenshot webseite Dred.com vom 1.7.2014)

Beispielhafter Online-Fragebögen, hier für die „Pille danach“. (Screenshot webseite Dred.com vom 1.7.2014)

Wie ist das Verhältnis zwischen Hausarzt und DrEd? Wie erfolgt die Kommunikation untereinander?
Wir sehen uns nicht als Alternative, sondern als Ergänzung. Nicht für jeden Patienten und nicht für jede Erkrankung. Bei jeder Behandlung fragen wir nach dem Hausarzt und informieren ihn, sofern der Patient dies wünscht. Wir können ihn nicht dazu zwingen, weisen den Patienten aber darauf hin, das dies wichtig ist für eine sinnvolle Behandlung. In England sind wir dazu verpflichtet.
In einigen Fällen bekommen wir ein Feedback von den deutschen Hausärzten, aber nicht besonders viel.
Wir modifizieren nicht die Therapie, sondern führen sie nur fort. wir weisen mehrmals darauf hin, dass Änderungen an der Therapie nur durch den Arzt vor Ort erfolgen kann.

Ist man als Patient bei euch immer dem selben Arzt zugeteilt?
Es behandelt immer der, „der gerade Dienst macht“. Allerdings kann der Arzt auf einen Track Record (Online Patientenakte) zurück greifen und sieht dort lückenlos alle Informationen der bisherigen Behandlung über DrEd.

Ist diese Patientenakte einsehbar für den Patient? Sieht der Patient „alles“, oder habt ihr einen nur für euch einsehbaren Bereich?
Ja, der Patient kann seine Akte jederzeit online einsehen. Es gibt auch Felder, die nur von uns befüllt werden und für den Patienten nicht sichtbar sind.

Themenwechsel: Wie habt ihr euch finanziert?
Wir haben anfangs selber Geld rein gesteckt und dann einen Angel Investor aus Hamburg mit rein genommen.

Seid ihr profitabel?
Nein, aber wir sind kurz vor Break-even.

Wo ist euer Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Online-Sprechstunden, abgesehen von dem Punkt, dass ihr in deutsch behandelt?
Unser USP ist, dass wir nicht nur einen europäischen Raum ins Auge fassen. Frankreich ist der nächste große Markt, den wir in Angriff nehmen.
Der zweite ist, dass wir die User Experience und die Patient Journey besonders wichtig nehmen. Wir haben auch unsere mobile Darstellung auf dem Smartphone wesentlich besser gelöst als unsere Wettbewerber. Als wir vor 2 1/2 Jahren gestartet sind, lag die mobile Zugriffsrate bei unter 20%, jetzt sind es rund 50%.
In England haben wir durch Kooperationen mit unterschiedlichen Partnern unsere Prozesse so optimiert, dass wir ein Rezept in 90 Minuten an den Patienten liefern können. Amazon Prime!

Beim Vergleich unterschiedlicher Online-Sprechstunden entsteht der Eindruck, dass alle das selbe Leistungsspektrum haben. Hängt das mit gesetzlichen Vorgaben zusammen oder habt ihr alle „voneinander abgeschaut“?
Das ist nicht ganz richtig. wir sind enger, weil wir medizinisch verantwortlicher sind. Wettbewerber bieten Therapien an zum Beispiel für Depressionen oder Schlafstörungen. Da sagen wir, dass wir als ausschließlich telemedizinisch arbeitende Ärzte dies nicht leisten können. Die 14-jährige Magersüchtige, die weiter ihre Medikamente haben möchte, da nehmen wir uns raus. Regulatorisch ist das zulässig, aber für uns ist das nicht verantwortbare Medizin.

Da kommen vielleicht eure deutschen Wurzeln durch und eure Hemmschwelle liegt höher?
Ich glaube, das ist für uns nicht „Good Medical Practice“. Aber es gibt keinen gesetzlichen Grund, dies nicht zu tun.

Screenshot Dr.Fox

Nicht verantwortungsvolle Medizin? Dr. Fox als eines der „Schawarzen Schafe“? (Screenshot Webseite Dr.Fox vom 1.7.14)

Gibt es also „schwarze Schafe“ in der Szene, von denen ihr euch eventuell auch distanzieren möchtet?
Ja, die gibt es, zum Beispiel  Dr.Fox und healthexpress [Anmk.: auch in deutscher Sprache]. Die geben dem Patienten schon die richtigen Antworten vor um ihn möglichst smooth durch den Fragebogen zu leiten. Die sagen: wenn du diese Antwort gibst, können wir dir kein Rezept ausstellen. Wir bei DrEd haben eine Rückweisungsquote von ca. 20%.  Wir sagen dann dem Patienten, dass wir ihn nicht behandeln wollen, weil wir in seinem Fall keine verantwortungsvolle Medizin praktizieren können.

Die „Care Quality Commission“ ist eine englische Regulierungsbehörde, der ihr unterstellt seid.Wie sieht die Überwachung aus?
Man muss sich registrieren, der Prozess dauert 6-9 Monate. Die Überwachung sieht so aus, dass sie unangemeldete Audits machen. Das ist schon 2 mal vorgekommen. Sie stehen um 9 Uhr morgens bei uns auf der Matte, schauen sich die Patientenakten und unsere klinischen Leitlinien an. Sie hören zu, wie unsere Damen am Telefon mit den Patienten reden und schauen, wie wir die Akten archivieren oder abends wegschließen. Wir gehen davon aus, dass 2014 auch wieder jemand vorbei kommt.

In 2013 gab es sehr viel Kritik in der deutschen Presse. Dr. Montgomery sagte „Diagnose und Behandlung allein über das Internet können nicht im interesse des Patienten sein“ (Quelle). Wie magst du dazu Stellung beziehen?[Jubel aus der anderen Ecke der Kongresshalle. Deutschland geht kurz nach Beginn der 2. Halbzeit mit 1:0 in Führung]
Sie gehen von der deutschen Rechtssituation (Fernverhandlungsverbot) aus. Ich glaube an die Reglung in anderen europäischen Ländern, nämlich das der Arzt selber entscheiden kann, wann und bei welchem Patienten er aus der Ferne behandeln kann und will. Der Arzt kann im individuellen Fall selber am besten beurteilen was richtig ist. In England kann der Arzt aus der Ferne behandeln, wenn er dies für medizinisch verantwortlich hält. Die Schweiz macht das so, ebenso Skandinavien. Wir glauben, dass es sehr viel Behandlungsfälle gibt, bei denen wir sehr sicher eine Behandlung aus der Ferne durchführen können.
In Deutschland kostet die Behandlung beim Arzt erst mal nichts. wir durchbrechen diesen „mindset“. Wir bieten eine besondere Leistung und nehmen dafür Cash, dann muss der Patient diese Leistung auch wert schätzen. Ich denke, man wird die Entwicklung nicht aufhalten können. Wer sich letztlich durchsetzt, wir oder andere Anbieter, man wird es sehen.

Der Berufsverband der Frauenärzte vermeldete „Ein Beratungsgespräch zur Pille danach sollte beim Frauenarzt im schnitt 15-20 Minuten dauern. dabei informieren wir auch über eine mögliche Verschreibung der Antibabypille oder Geschlechtskrankheiten. Das kann ein einfacher Fragebogen nicht leisten“ (Quelle). Stimmt das?
Das ist totaler Quatsch aus zwei Gründen. Erstens: die Realität sieht anders aus. Die Frau geht in die Praxis, wartet,bekommt ihr Rezept in 5 Minuten und muss dann in die Apotheke rennen. Die Frauen geraten in eine sehr unnötige, belastende Situation. Zweitens: wenn die Frau bei uns die „Pille danach“ anfordert, bekommt sie sehr wohl Informationen zu Verhütungsmethoden und Geschlechtskrankheiten. Wir klären sie auf über die Risiken, die die „Pille danach“ mit sich bringt und das sie nicht die normale Form der Verhütung sein kann. Diese Informationen kann die Frau bei uns auch jederzeit wieder abrufen. Die „Pille danach“ ist in 30 europäischen Ländern rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Wir sehen, das Frauen damit im wesentlichen verantwortungsvoll umgehen. Wir möchten nicht am Rezept für die „Pille danach“ verdienen, wir möchten den Frauen einen Zugang geben, dass sie schneller an de „Pille danach“ kommen können. Es ist doch ganz einfach: wenn die Frauen einen guten Zugang zum Gynäkologen hätten, dann würden sie nicht online gehen.

Letzte Frage: beim Vergleich der deutschsprachigen und der englischsprachigen Seite von DrEd fällt auf, dass ihr unterschiedlich kommuniziert. Auf Deutsch steht zum vorzeitigen Samenerguss „Hilfe, wenn sie zu schnell kommen“, auf Englisch ist „last up to three times longer“ zu lesen. Bei Haarausfall steht „Medikamente können Haarausfall verhindern“ einem „Works for nine out of ten men“ gegenüber. Muss man in Deutschland anders kommunizieren, oder warum habt ihr nicht eins-zu-eins übersetzt?
In England ist der Begriff und die Leistung eines „Online Doctor“ schon wesentlich mehr Mainstream. Es ist ein gängigerer Prozess sich online beraten zu lassen oder ein Rezept zu bekommen. Außerdem sind die Engländer mehr „to the point“. Die sehen das eher als Lifestyle und weniger als Medizin. In Deutschland sehen wir das deutlich mehr als ärztliche Leistung. Gesundheitsmärkte sind so unterschiedlich, da muss man sich jeden Markt einzeln ansehen. nicht nur das Angebot, sondern auch die Sprache und die lokalen Gegebenheiten.“Three times longer“ ist für deutsche Adressaten einfach nicht das Richtige.

Kommunikation "to the point". Online-Ärzte werden in England eher als Lifestyle und weniger Medizin verstanden. (Screenshot https://www.dred.com/uk/ vom 1.7.2014)

Kommunikation „to the point“. Online-Ärzte werden in England eher als Lifestyle und weniger als  Medizin verstanden. (Screenshot https://www.dred.com/uk/ vom 1.7.2014)

David, vielen Dank für das Interview und dass Du auch noch über die Halbzeitpause hinaus dabei geblieben bist!.

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Persönliche Gedanken zu DrEd

Persönlich würde ich einen Arztbesuch einem Onlinedienst vorziehen.Jede Form der Online Kommunikation (Text, Sprache oder Video-Chat), egal ob mit dem Arzt, dem Geschäftspartner oder einem guten Freund, geht mit Informationsverlusten einher und ist grundsätzlich einem Face-to-Face Gespräch unterlegen. So können zum Beispiel Körpersingnale wie Gestik, Haltung, Ausdruck, Mimik nicht oder eingeschränkt wahr genommen werden. Dadurch, dass man sich bei dem Leistungsspektrum von Onlinediensten auf Erkrankungen beschränkt, bei denen diese Faktoren nur eine geringe Rolle spielen, kann das Risiko minimiert werden. Ein medikamentös gut eingestellter Asthma Patient kann sich den Weg zum Arzt sparen,indem er das Folgerezept für sein Asthma-Spray über DrEd bestellt.

Onlinedienste setzt eine Selbstverantwortung des Patienten voraus: er muss selber abschätzen können, ob er in seinem Fall die Online-Variante oder einen realen Arztbesuch vorziehen sollte. Einem chronisch Kranken, der seine Erkrankung gut kennt und gelernt hat mit ihr umzugehen, ist dies sicher zuzutrauen. Dennoch: schaden tut es sicher auch nicht, wenn der Arzt „noch mal einen Blick auf den Patienten werfen“ kann und so die Gelegenheit hat, den Krankheitsverlauf des Patienten zu verfolgen.

Eine Vielzahl der Angebote von DrEd liegt bei den sogenannten „peinlichen Anliegen“ (z.B. Erektionsstörungen, „Pille dannach“ oder Haarausfall). Hier ist es vielleicht weniger Bequemlichkeit als Scham, dass die virtuelle der realen Arztpraxis vorgezogen wird. Argumentiert wird, dass eine Online-Behandlung immer noch besser sei als gar keine Behandlung. Denn diese Gesundheitsprobleme haben bekanntermaßen einen besonderes hohen Leidensdruck und sollten daher nicht unbehandelt bleiben.

Das schnelle, anonyme DrEd-Rezept unterwandert allerdings auch, dass der Patient überhaupt seine Hemmschwelle überwinden muss, um das intime Problem mit dem (Haus-)arzt zu teilten. In diesem Fall wäre vielleicht auch eine Option auf eine ganzheitliche Therapie denkbar gewesen, die über ein Rezept hinausgeht. Macht DrEd also Geschäft mit der Scham des Patienten?

Hin oder her, den Patienten ist dies scheinbar schnuppe. Über die Feedback Möglichkeiten auf der DrEd Webseite kommt seltenst Kritik, die Nutzer bewerten den Service von DrEd sehr gut. So gut, dass selbst David davon „überrascht war“, wie ihm während seiner Präsentation raus rutschte.

Oder ist das klassische Gesundheitssystem von seiner „User Experience“ so schlecht, ist die „Patient Journey“ so frustrierend geworden, dass die schnellen, unkomplizierten und Service-orientierten Onlinedienstleistungen leicht zu Lieblingen der Patienten werden? Dann wäre die Kritik der bestehenden Gesundheitsstrukturen an DrEd & Konsorten nur ein Ablenkungsmanöver von den eigenen Problemen, die letzendlich erst den Nährboden für Geschäftsmodelle wie DrEd liefern.

Fazit

Der Patient nimmt durch Online-Angebote seine Gesundheit zunehmends selbst in die Hand. Er muss sich dabei aber gleichzeitig bewusst sein, dass er damit auch die Verantwortung selber übernimmt. Dieses Bewusstsein muss vielleicht bei dem einen oder anderen erst noch geschaffen werden.

Online-Dienste bieten Nischenlösungen und stellen eine Ergänzung zum bestehenden Gesundheitssystem dar.Sie wollen und können es nicht ersetzen. Von einer vollwertigen, virtuellen Arztpraxis sind wir also (zum Glück?) noch Lichtjahre entfernt. Die „Heilungskräfte“ des Internets sind (noch) beschränkt. Ernüchternd, aber wahr.

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Anhang
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– Die Folien des Vortrags von David Meinertz auf dem Hauptstadtkongress hat er mir freundlicherweise überlassen und ich habe sie hier hinterlegt.

– Wie im Interview angesprochen, gab es vor nicht ein mal 2 Monaten auch ein sehr informatives Interview von Dr.Johannes mit David:

Zusammenfassende Dokumentation re:health Sessions der re:publica 2014

Vom 6.-8. Mai 2014 fand in Berlin zum 8. Mal die re:publica tatt. Nach den Jahren 2009, 2010, 20122013 gab es auch in diesem Jahr wieder einige Sessions, die sich speziell mit Gesundheitsfragen auseinandersetzten.

An dieser Stelle möchte ich die Veranstaltungen so genau wie möglich dokumentieren. Im Aufbau, wird ständig ergänzt. Es folgen noch Fotos, Präsentationen etc. Stand: 15.Mai 2014.


Sessions


 Into the body – workshop

Sophie Hiltner
THE BLOGOSPHERE OF YOUR BODY PHYSICAL THERAPIST AND BA OF SOCIAL SCIENCES

Trained physical therapist and bachelor of social sciences. Specialization in lumbar and cervical problems resulting from office work and repetitive strain injuries. Trained massage therapists and cofounded a massageservice in Berlin before focussing on social sciences. In my social sciences and sociological studies (currently Masters programm in Potsdam) I concentrate on gender, health, medicinal and sports sociology.

Sessioninfo:

KURZTHESE: Let’s go back to nature – realize what the body needs, discover how to find that out and behave accordingly. This talk will provide an overview of body structures, organs and movement patterns. How to take good care of them and little life-hacks to integrate into daily life. Raising awareness for what matters most is one aspect of being an active part of the digital society. Writting is about expressing yourself, shouldn’t you be working in cooperation with your body then, who is expressing who you are all day long?

BESCHREIBUNG: Into the wild – going back to nature – meeting your insides. It does not matter if you are sitting or standing while creating your content for the web, most likely you are not moving much while writing, reading, researching. Sometimes you even forget the necessities of your body: while blogging about the injustice of natural reservations being destroid, your bladder screams in despair. Though your stomach is roaring of hunger you only want to finish the piece about the pizza place around the corner?! Why do we constantly ignore the needs of our bodies? The internet doesn’t forget, is a saying of our times, well your body neither. Especially movement patterns stick to you, well inside of you, and are reproduced on a daily basis. How are these patterns programmed into your body? Which are the most precarious structures? How can you prevent a total meltdown? The session will start with a brief overview of your bodies tissues to sensitize you for the upcomeing movements. The following excercises will help you to communicate with your body and raise your awareness for your needs. In addition to the talk and workout ideas I will give you some helpful excercises and awareness tips to integrate into your daily life and improve your posture apart from the usual „Go out and do sport!“ Comfortable clothing will be helpful since we will move 😉 It will not be a sweat-and-tears-work-out. Please don’t be shy, join us on a journey through yourself, relax and have fun to get to know your best companion (aka your body) in the world!



Health 2020 – How Science Fiction turns into Reality

Shari Langemak
MEDSCAPE DEUTSCHLAND
EDITORIAL DIRECTOR

Shari Langemak studierte Medizin an der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Ihr praktisches Jahr absolvierte sie in München, London und Shanghai. Seit 2009 ist sie als Medizinjournalistin tätig, unter anderem für „Die Welt“. Derzeit arbeitet sie als Editorial Director für das Ärzte-Magazin Medscape Deutschland. Außerdem berät sie Start-ups als Mentorin bei dem Digital Health-Investor XlHealth. Zuvor war sie Medizinredakteurin beim Axel-Springer-Verlag und Beraterin für digitale Strategien im Gesundheitswesen.

Sessioninfo:

KURZTHESE: Joe is a man like you and me. He prefers watching action movies on Friday nights, rather than finishing a hard work week with hitting the gym. A healthy lifestyle isn’t quite his thing. He likes Gin Tonic and good red wine, chocolate with whole hazelnuts and burgers. Especially burgers. But luckily Joe has one advantage that all of us don’t have yet. He lives in the future. Not the far future, but in the year 2020. Six years later from now, healthcare will have improved extraordinarily. Let’s take a look at Joe’s daily life and find out what we can expect. BESCHREIBUNG: Joe’s story includes all major hopes of the health 2.0 movement:

  • telemedicine
  • big data
  • remote monitoring
  • genetic testing
  • new medical devices
  • social networks in healthcare


 Healthcare in the wild – welcome to the garage

Fredrik Debong
MYSUGR
CO-FOUNDER, COMMUNITY RELATIONS LEAD

As a cofounder and community relations guy at mySugr, I am proud to be changing the modern diabetes therapy for the better. Cofounded mySugr in 2010.Cofounded STARTEurope/Pioneers in 2008. Before that, it was rather boring 😉

Sessioninfo:

KURZTHESE: Healthcare is changing, and us with diabetes are the excited guinea pigs. We are also called the involuntary pioneers of the quantified self movement. The democratization of knowledge and cheap tools to reach millions enables us to affect change in health care – at a deeper level than ever before.

BESCHREIBUNG: Starting at the age of four, my life has been filled with needles and blood, test strips and vials, glucagon and hospital visits – and ordinary stuff like school, games, love, computers, the invention of the internet, skiing, beer and the introduction of smartphones. What happens when all this is mixed together? In this talk I’ll share a few stories from my life with a chronic disease – for instance how I changed the philosophy of my therapy by dressing it up as a game and what this has led to. What I learnt is now in the hands of over 100.000 people. I believe this is a great example of what is currently going on in healthcare – we are taking it into our garages, into our own hands. Since 2010 I am part of building a mobile health company which is seen as one of the best practice examples in digital health. My team and I have the opportunity of affecting the health and lives of millions of people! Yet when “expert laypeople” like us wield this kind of power there is something which comes with it – the responsibility for the life of every single user. It’s not an easy task if taken seriously; regulations and directives have to be met and followed – and these are not exactly put down in 140 chars. Is the world ready for this change? Is society? Are the authorities? Well, kind of, but it’s already out there.


 Möglichkeiten der Online-Kommunikation im therapeutischen und beratenden Kontext bei Autismus-Spektrum-Störungen

Katrin Moser

Ich bin 27 Jahre alt, Diplom-Theologin und Journalistin. Aktuell arbeite ich in Ostfriesland, schreibe für verschiedene Magazine und bin im Bereich Social Media unterwegs.

 

 

 

Guido Kopp
PSYCHOTHERAPEUTISCHE PRAXIS KOMMUNIKATIONSWISSENSCHAFTLER

Dr. phil. Guido Kopp Magister Psychologie & Kommunikation (Universität Essen) Medienpädagogischer Berater des Landes Niedersachsen (2010-2012) Ausbildung zum systemischen Berater (Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung) Heilpraktiker für Psychotherapie (HPG) Kinder-, Jugend- und Familienberater (Paracelsus Schule) Mitglied im Verband freier Psychotherapeuten

Sessioninfo:

KURZTHESE: In therapeutischen Kontexten ist die Arbeit mit autistischen Personen schwierig. Es zeigt sich aber, dass ein stark klientenorientiertes Vorgehen des Therapeuten Fortschritte bringt. Dazu gehören Analysen der einzelnen Wahrnehmungssituationen und eine auf Email verlagerte Kommunikation, welche die Sitzungen ergänzt. So ist eine Annäherung möglich, bei der soziale Irritationen vermieden. Auf dem Blog seinsdualitaet.de zeigen wir exemplarisch die einzelnen Annäherungsschritte in einer Beratung.

BESCHREIBUNG: In therapeutischen und beratenden Kontexten gestaltet sich die Arbeit mit Personen mit einer Autismus-Spektrum-Störung als schwierig. Aus der Praxis heraus zeigt sich jedoch, dass ein stark klientenorientiertes Vorgehen seitens des Therapeuten gerade bei Autisten im hochfunktionalen Bereich große Fortschritte im kommunikativen Verhalten ermöglichen. Dazu gehören ein Sich-Hinterfragen sowohl auf Seiten des Beratenden als auch des Klienten, klare Analysen der einzelnen Wahrnehmungssituationen und vor allem eine größtenteils auf Medien verlagerte Kommunikation (vor allem Email), die neben den Sitzungen der eigentliche Hauptbestandteil sein sollten. Auf diese Art ist es möglich, sich auf beiden Seiten anzunähern, ohne die für Autisten so schmerzlichen sozialen Irritationen zu provozieren und ein geschütztes, da nicht-nonverbales Umfeld zu schaffen. Auf dem Blog seinsdualitaet.de zeigen wir das Modell einer solchen Kommmunikation, schauen durch das Schlüsselloch bei einer Therapie und versuchen, die einzelnen Annäherungsschritte so nahe zu bringen, dass sowohl Autisten wie auch Nicht-Autisten daraus Möglichkeiten für therapeutische oder beratende Interventionen ableiten können. Dass diese Art der Kommunikation relativ schnell auch Fragen nach Wirklichkeitskonstruktionen aufwirft und damit in philosophische Tiefen führt, ist eher ein Nebenprodukt. Das Anliegen ist es, sowohl Therapeuten, Beratenden als auch Personen mit einer Autismus-Spektrum-Störung diese Form der Kommunikation näher zu bringen, vor allem aber modellhaft die Nutzung neuer Medien in therapeutischen Kontexten aufzuzeigen.


A nerd, an autistic boy and a mother develop an app.

Doreen und Max Kröber
LETMETALK

Lebensmotto: „Alles ist gut, solange du wild bist.“

Praxisnahe Bildungsbloggerin aus Berlin.

Mutter eines autistischen Kindes – mittlerweile Teenager – und das ist gut so.

Vorsitzende Bezirksschulbeirat Lichtenberg

Mitglied Landeselternausschuss Schule Berlin

Jens-Uwe Rumstich
APPNOTIZE UG
CEO

I am living in berlin, studied at the humboldt university, worked quite a while at idealo.de and have now my own company AppNotize for mobile smart phone or tablet apps

 

 

 

Ann-Sophie Gerth
@ANNAHBTC
STUDENTIN UND BLOGGERIN

Anna-Sofie Gerth ist Studentin der Sozialen Arbeit und Diakonik und lebt seit 2010 in Berlin. Ihre Leidenschaft ist es Themen der Sozialen Arbeit mit dem Internet zu verknüpfen und verschmelzen zu lassen.

 

Yoram Blumenberg
BUREAUBLUMENBERG
ART DIRECTOR AND GRAPHIC DESIGNER

… graphic designer and art director living in Berlin specialized in print and web design — with a passion for music, movies and monsters.

 

Sessioninfo:

KURZTHESE: „All autists can speak, they are just too shy.“ („Alle Autisten können sprechen, sie sind nur zu schüchtern.“) by Max, 12 year old autistic boy BESCHREIBUNG: Deine Idee: Im Mai 2012 entstand aus einer persönlichen Notsituation heraus die Herzensidee: Eine kostenlose Kommunkationsapp (TalkerApp) zu entwickeln sowie herzustellen für Androidgeräte. Zunächst gedacht zum Einsatz u.a. bei autistischen Kindern insbesondere in Notsituationen, aber auch für andere Menschen die Unterstützung in der Kommunikation bedürfen. Es gab solche wichtige Applikation im Mai 2012 ausschliesslich kostenpflichtig für Applegeräte, somit nicht für jeden erschwinglich und/oder erreichbar. Deine Vision: Eine professionell erstellte App (TalkerApp) für Androidgeräte die für jeden kostenfrei zu erhalten ist. Dein Projekt: Ohne finanzielle Mittel sehr gute Programmierer sowie sehr gute Designer für die Idee begeistern und einspannen, verständliche Piktogramme erstellen oder finden (CC) für die App usw. Es ist geglückt: Seit Dezember 2013 befindet sich die App LetMeTalk im PlayStore und das Projekt ist noch lange nicht zu Ende:) Alles wurde Pro Bono und Non Profit erreicht. Der autistische Junge hat von Anfang an seine Ideen eingebracht und hat uns in der Betaphase sehr unterstützt. Er war sehr kritisch und nicht kompromissbereit, denn er hatte genaue Vorstellungen was die App alles beinhalten soll an Funktionen und wie genau sie zu arbeiten hat, um effektiv für autistische Kinder (insbesondere für ihn) zu sein. Er war zu Beginn des Projektes 12 Jahre alt. Unsere Session wird mehrsprachig (DE und ENG) von mehreren Sprechern gehalten. Unsere Speaker beschreiben die gesamte Entwicklung der App, die Geschichte die hinter der Geschichte steckt, und den Wahnsinn die PR auch noch alleine und kostenfrei auf die Reihe zu bekommen.


Cyborgs, sechste Sinne und selbstaufgerüstete Untote. Wer entscheidet, was ein Körper kann? 

Stefan Greiner
TU BERLIN
WISSENSCHAFTLICHER MITARBEITER

Nachdem viele Kabel gelötet wurden und Elektrotechnik im Vordergrund stand, schließlich entschieden das Ganze mit dem Menschen zu verknüpfen. Herausgekommen ist ein Studium und wissenschaftliche Mitarbeit an der TU Berlin im Bereich der Mensch-Maschine Interaktion (Human Factors) sowie eine Vereinsgründung zum Thema der Mensch Maschine Verschmelzung (Cyborgs e.V.) mit weiteren Hackern, Nerds, Philosophen und sonstigen Mischwesen.

Nadja Buttendorf
CYBORGS E.V.
FOUNDING MEMBER

Nadja Buttendorf is a visual artist and a founder member of the cyborgs e.V. Her works are oscillating between the digital and the analog world, they are mainly circeling about the changing concept of the humanbody related to the ideas of the posthumanism/transhumanism and cyborgism.

 

Max Hoppenstedt
VICE / MOTHERBOARD
REDAKTIONSLEITUNG

 

 

Sessioninfo:

KURZTHESE: Wenn sich enthusiastische Selbstaufrüster, Techno-Optimisten jeglicher Couleur und Citizen Scientists in die Arbeit der Life Sciences einmischen, dann wird die Auseinandersetzung darum, was ein Körper kann und darf auch zu einer Frage technologischer Selbstbestimmung. Transhumanismus und Cyborgism sind somit nicht nur ein neues ästhetisches, ethisches und köperpolitisches Kampffeld, sondern nebenbei auch ein Paradebeispiel der gegenseitigen Befruchtung von Popkultur und Wissenschaft, von Fiktion und Wirklichkeit.

BESCHREIBUNG: Cyborgs waren noch vor wenigen Jahrzehnten nicht viel mehr als ein kybernetisches Fernziel, faszinierend-beängstigendes Hollywood-Robotermodell oder utopisches Idealbild à la Donna Haraways techno-feministischem Cyborg Manifest. Inzwischen arbeiten längst die verschiedensten Akteure an der Verwirklichung kybernetischer Organismen, während die (in)kompatible Symbiose von Mensch und Maschine mehr denn je zu gesellschaftlicher Realität und Imperativ geworden ist. Dazu tragen nicht nur die neuesten Gadgets der Wearable Technology oder die Allgegenwart von Smartphones und Datenwolken bei, sondern auch so unterschiedliche Entwicklungen wie das Quantified Self Movement, die Anhänger von Ray Kurzweils Konzepten technologischer Singularität oder die Bastler des Bio-Hackings. So sind beispielsweise Fingermagneten, die dem Körper einen sechsten Sinn einbauen längst eine Standardprozedur für angehende Cyborgs und nur ein erster Schritt für die Implantationsideen geneigter Selbstaufrüster. Stefan Greiner und Nadja Buttendorf vom Berliner Cyborg e.V. werden dabei im Gespräch mit Motherboard Chefredakteur Max Hoppenstedt die Implikationen von Maschinenbau am Menschen diskutieren, ihre Visionen kommunikativer Cyborgs vorstellen und versuchen, die verwirrende Welt der Entgrenzung des Menschen zu verstehen: Vom Vordringen des Internet of Things in die physische Hülle des Menschen und Apps zum Fitnesstracking oder der Schlaf- und Traumdeutung zur persönlichen Performancesteigerung, über zutrauliche Brain-Computer-Interfaces, die Mittelchen und das Hirndoping der posthumanistischen Bewegung, die verschiedensten Facetten eines sechsten Sinns und die Normalität der Chirurgie als ästhetische Botox-Disziplin und die ambitionierte Abnormität von Cyborgism.


 

Laptop Yoga Annina Luzie Schmid

Bloggerin, Autorin, Ashtangi. Politikwissenschaftlerin (M.A. King’s College, London), “Fachpraktikerin für Massage, Wellness und Prävention” und Absolventin des Ashtanga Yoga Assistant Teacher Trainings ihres Lehrers David Robson. Geboren 1983 in Zürich. Nach verschiedenen Stationen in Frankfurt am Main, Auckland, Kuala Lumpur, London und Berlin derzeit wohnhaft in Toronto. Sessioninfo:  KURZTHESE: „Soon, silence will have passed into legend. Man has turned his back on silence. Day after day he invents machines and devices that distract humanity from the essence of life, contemplation, meditation.“ (Hans Arp) BESCHREIBUNG: ‚Laptop Yoga‘ reloaded – nach einer kurzen Runde Bewegung wenden wir uns der Wildnis unserer Gedanken zu. Was macht das Netz mit unserem Innenleben? Und was hilft gegen das nervöse Blinken im Kopf (außer Bier)? Keine Vorkenntnisse oder Utensilien notwending. Von Vorteil: Bequeme Kleidung, Abenteuerlust.



Pressespiegel / Blogosphäre


 In Arbeit, wird ergänzt…

motherboard.vice.com“Re:Publica 14 schlägt sich mit 250 Programmstunden durch die virtuelle Wildnis“, 3. Mai 2014

Radioeins des rbb: „re:health-Sessions – Diabetes-Games, Autisten-Apps und Cyborgs„, 5.Mai 2014

spiegel.de:“LetMeTalk-App auf der re:publica: Max spricht in Bildern„, 7. Mai 2014

zeit.de:“AUTISMUS-APP – Lass mich sprechen, 7.Mai 2014

rbb Abendschau:“re:publica: Richtig abschalten, 7.Mai 2014

breitband.deutschlandradiokultur.de“Kommunikation ohne Barrieren, 7.Mai 2014

BR.de:“Re:health – Wie aus Science Fiction Realität wird, 7.Mai 2014

taz.de:“re:publica 2014, der 2. Tag – Der Magnet im Ringfinger,7.Mai 2014

bpb.de“Der sechste Sinn des Lebens, 7. Mai 2014

MZ-wed.de:“RE:PUBLICA 2014 – Eine Biene stürzt ab und Google ist schuld,7.Mai 2014

ksta.de:“DIE RP14 IN DER ZUSAMMENFASSUNG – So war Tag zwei der re:publica, 7.Mai 2014

blog.naurath.de:“re:publica14 – Into the body from Aimee-Sophie Hiltner, ‏@SophieHiltner, 7.Mai 2014

re:publica 2014 Reader „#rp14rdr – 2.Tag, 8.Mai 2014

faz.net:“Internetkonferenz Republica – Der Zasterlaster mit den Wodkalarven, 8.Mai 2014

t3n.de:“Laptop-Yoga: Einfache Tricks für mehr Entspannung im Büro [#rp14]“, 8.Mai 2014

marketingdirecto.com“LetMeTalk, la app que da voz a las personas autistas, 8.Mai 2014 (Artikel in Spanisch)

digitalmediawomen.de“Pläne und das Leben, re:publica 2014 – so war Tag 2, 8.Mai 2014

mslgroup.de:“#rp14: Survival of the Connected? #rehealth auf der re:publica 2014, 9. Mai 2014

boersenblatt.de“re:publica 2014 – Auf dem Weg zur Gesellschaftskonferenz, 9. Mai 2014

silke-jaeger.de:“re:publica 14 – virtuelle Ersatzveranstaltungen, 10. Mai 2014

insulinaspekte.de“re:health, 13.Mai 2014

lieblinsfehler.de“Der Versuch eines Rückblicks #rp14, 13.Mai 2014

amyslove.com“re:publica 2014 – Ein Rückblick, 13. Mai 2014

Kommunikation der re:health durch die re:publica:

Teaser rp-Blog:“re:health – von #t1d, Autisten und Cyborgs, Ende April 2014

Pressemitteilung:“re:publica 2014: Das Konferenzfestival beginnt„, 5. Mai 2014



Fehlt was?! Gerne Hinweise auf weitere Erwähnungen, Bilder, Videos etc.! Bitte an info.ät.medizin-und-neue-medien.de senden, vielen Dank! Dokumentation wird ständig ergänzt. Aktueller Stand: 15. Mai 2014, 10 Uhr.

Weitere Artikel zur re:publica auf medizin-und-neue-medien.de hier.

Das Green Paper mHealth der Europäischen Kommission- Was ist das und wann kommt es?

LOGO CE_Vertical_EN_quadriIm Dezember 2012 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Pressemeldung mit dem Titel „Putting patients in the driving seat: A digital future for healthcare“ (Pressemeldung in Englischin Deutsch). Die Pressemeldung stellte einen Aktionsplan (Action Plan) vor, der auch die Erstellung eines Green Paper mHealth angekündigte. Fertigstellung dieses Papers wurde für 2014 angegeben. Mit diesem Artikel möchte ich den Aktionsplan in Erinnerung rufen und nachforschen, wie der aktuelle Stand zum angekündigten Green Paper ist.

Der Aktionsplan

Die Europäische Kommission hat einen Aktionsplan vorgestellt, mit dem die Hindernisse angegangen werden sollen, die den vollen Einsatz digitaler Lösungen in den europäischen Gesundheitssystemen behindern. Ziel ist es, Patienten medizinisch besser zu versorgen, ihnen mehr Kontrolle über ihre Gesundheitsfürsorge zu geben und die Kosten zu verringern. Auch wenn Patienten und Mediziner mit Begeisterung auf telemedizinische Lösungen zurückgreifen und Millionen Europäer Smartphone-Apps herunterladen, um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden im Blick zu haben, muss die digitale Gesundheitsfürsorge ihr großes Potenzial, die medizinische Versorgung zu verbessern und Effizienzgewinne zu erzielen, erst noch ausschöpfen“ ist im Pressetext zu lesen. Der Akionsplan, an anderer Stelle auch als eHealth Action Plan 2012-2020 bezeichnet (und damit auch mit einem Zeitrahmen versehen), sieht folgende Aktionen und Maßnahmen vor:

  • Klärung der Gebiete, auf denen Rechtsunsicherheit besteht;
  • Verbesserung der Interoperabilität zwischen Systemen;
  • Verbesserung der Aufklärung und Kompetenzen der Patienten und der Angehörigen der Gesundheitsberufe;
  • Ergreifung von Initiativen im Zusammenhang mit dem individuellen Gesundheitsmanagement, die den Patienten in den Mittelpunkt stellen, sowie die Förderung von Forschungsvorhaben zu personenbezogenen Arzneimitteln;
  • Gewährleistung kostenfreier Rechtsberatung für Firmengründungen im Bereich des elektronischen Gesundheitswesens.

(Mehr Details und weitere Maßnahmen hier.)

Aufhorchen sollten Startups bei dem letztgenannten Punkt „kostenfreie Rechtsberatung“.  Über die damit verbundene Prozedur, wer genau Anspruch darauf hat, konnte ich keine Infos finden. Vielleicht handelt es sich hier um von der EU bereit gestellten, aber mangels ausreichender Kommunikation nur selten abgerufenen finanziellen Mitteln. Wer es probieren möchte: Ansprechpartner sieh Pressemeldung.

Als Kernaussagen und Hauptziele des eHealth Aktionsplans sehe ich eine patientenorientierte Gesundheitsversorgung, interoperable Lösungen auf EU-Ebene sowie Schaffung einer flankierenden Rechtssicherheit.

Mobile Gesundheitsanwendungen und andere, neue Vokabeln

In einem Abschnitt widmet sich der Volltext des eHealth Aktionsplan 2012-2020 detaillierter mit mHealth. Etwas befremdlich wirkt das „EU-Beamtendeutsch“: Mobile Gesundheitsanwendungen steht für mHealth. Bestimmte Softwareanwendungen für mobile Geräte werden, wie die EU Kommission selbst eingesteht, auch „Apps“ genannt.

Was genau die EU im Fokus hat, lässt sich ganz gut aus folgenden Ausschnitten aus dem Aktionsplan erahnen:

Das Wachstum des Marktes der mobilen Anwendungen für Gesundheitsfürsorge und Wohlergehen geht einher mit einer raschen Zunahme der Zahl der für mobile Geräte bestimmten Softwareanwendungen (auch „Apps“ genannt). Solche Apps können Informationen, Diagnosewerkzeuge, Möglichkeiten der Selbstmessung sowie neue Arten der Fürsorge bieten. Dadurch verwischen sie die Grenze zwischen herkömmlicher Behandlung durch einen Arzt einerseits und Selbstbehandlung und -pflege andererseits.[…]
Angesichts der hohen Komplexität, die durch mobile Gesundheitsanwendungen („mHealth“) und „Anwendungen für Gesundheit und Wohlergehen“ entsteht, sind weitere Klarstellungen in Bezug auf den für diese besonderen Bereiche geltenden Rechtsrahmen nötig. Die rasante Entwicklung in diesem Sektor wirft Fragen bezüglich der Anwendbarkeit der derzeit geltenden Rahmenbedingungen und der Verwendung der mit diesen Anwendungen gesammelten Daten durch Einzelpersonen und medizinische Fachkräfte auf. Zudem stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wie diese Anwendungen in Gesundheitsversorgungssysteme
integriert werden sollten. Klare Informationen und Benutzerfreundlichkeit sind ebenfalls wichtige Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt. All dies muss ohne Überregulierung bewältigt werden, denn es handelt sich um ein neu entstehendes Technologiecluster, dass zwar geringere Kosten und Risiken birgt, aber auch geringere Renditen verspricht. 

Dafür zu sorgen, dass der Markt der Anwendungen für Gesundheit und Wohlergehen den Ansprüchen der Bürger an die Qualität und Transparenz genügt, wird eine der Herausforderungen sein. Erleichtert werden sollte dies dadurch, dass hochwertige und umfassende Informationen über die Nutzung und die Leistungsfähigkeit dieser Anwendungen gegeben werden und dass die Interoperabilität zwischen den Gebieten Gesundheit und Wohlergehen gewährleistet wird.

An dieser Stelle im Aktionsplan wurde dann auch „ die Veröffentlichung eines Grünbuchs zur mobilen Gesundheitsfürsorge [=Green Paper mHealth], das sich mit Qualitäts- und Transparenzfragen befassen wird„, für 2014 angekündigt.

 Das Green Paper mHealth

Grünbuch - illustration von dirk-schmidt

Illustration: dirk-schmidt

Was sich wie eine schlechte Übersetzung anhört, ist tatsächlich ein geläufiges Wort im EU-Sprachjagon: Grünbuch. Wie auf wikipedia zu lesen ist, handelt es sich dabei um ein „Diskussionspapier zu einem bestimmten Thema, insbesondere Vorlagen für Verordnungen und Richtlinien, mit dem Zweck, auf diesem Gebiet eine öffentliche und wissenschaftliche Diskussion herbeizuführen und grundlegende politische Ziele in Gang zu setzen. Häufig wird eine Reihe von Ideen oder Fragen aufgeworfen und Einzelne sowie Organisationen werden zu Beiträgen aufgefordert„.  

Mit eigenen Worten: es wird erst mal die Lage gesichtet, Informationen eingeholt und zusammengetragen um eine Diskussionsgrundlage zu schaffen.

Dieses öffentliche Grünbuch steht dann zur Diskussion, wird debattiert, kann kommentiert und kritisiert werden und kann dann in einem 2.Schritt in ein White Paper (=Weißbuch) münden. So ein Weißbuch der EU ist dann insgesamt konkreter und gibt Vorschläge für ein gemeinsames Vorgehen. Es dient dann als Grundlage für Entscheidungen oder EU-Gesetzesentwürfe und hat damit eine nicht zu unterschätzende Relevanz. Daher bin ich gespannt auf dieses Green Paper mHealth und die daraus folgenden Entwicklungen.

Fertigstellung voraussichtlich März/April 2014

celine deswarte

Foto: Eugene Burkovich @healtheugene via pic.twitter

Das Veröffentlichungsdatum wurde durch Céline Deswarte, Policy Officer bei der europäischen Kommission, vor wenigen Tagen auf der ECHAlliance @ Mobile World Congress 2014 konkretisiert. in den nächsten Monaten ist es soweit.

„Striking the balance for innovation and regulation“

In der anschließenden Diskussionsrunde soll Frau Deswarte übrigens laut Luke McNeice auf Twitter über „ihren Balanceakt zwischen Innovation und Regulation“ berichtet haben. Dazu passt prima ein Blogartikel, den ich bei der Recherche ausfindig gemacht habe. Er stammt von Erik Vollebregt, einem Rechtsanwalt aus Amsterdam, der in seinem Blog medicaldeviceslegal.com über European Union legal and regulatory developments in medical devices schreibt. In seinem 10 Tage alten Artikel „Why the NO in innovation?“ bekommt man eine Ahnung, wie sehr sich mHealth und regulatory issues an einander reiben (und reiben werden).

Schafft es die EU, Rechtssicherheit & mHealth adäquat unter einen Hut zu bringen? Wenn ja, wie sie von sich selbst behauptet, wird mHealth in Europa seine Chance bekommen. Wenn nein, was einige befürchten, wird der Weg steinig bleiben.

Vielen Dank an Eugene Borukhovich, der mich durch einen Tweet auf die Thematik aufmerksam machte.

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– Mobile Health auf dem Prüfstand
Der Traum von Professional Mobile Health

Ein Jahr Bundesverband Internetmedizn – oder: warum ich (noch) nicht Mitglied bin

Logo des Bundesverband Internetmedizin BiM

Das Logo vom Bundesverband Internetmedizin (kurz:BiM). Warum ist das „i“ eigentlich klein?!

Am 23. November 2012, also vor über einem Jahr, wurde der Bundesverband Internetmedizin (kurz: BiM) ins Leben gerufen. Erst mal Herzlichen Glückwunsch nachträglich!
Ich sehe deutlich Potential für einen derart gearteten Verband in Deutschland und ich begrüße, „dass es überhaupt endlich mal einer gemacht hat“. Wenn der BiM dieses Potential aber für sich gewinnen will, muss er sich aber ran halten.
Ich habe den Verband von Anfang an sehr genau beobachtet und es ist an der Zeit Resümee zu ziehen. Meine Erwartungen hat er jedenfalls bisher nicht erfüllen können.

Internetmedizin – Was ist das?

Das habe ich mich als Erstes gefragt. Internetmedizin? Begriff noch nie gehört. Kein Wikipedia Eintrag. Auch kein englischsprachiges Pendant.  Auf der Webseite des Vereins findet sich unter Ziele ein Erklärungsversuch, der wage erahnen lässt, was gemeint sein könnte. Ein Blick in die Satzung (vom 23.11.2011(?!), vermutlich 23.11.2012 gemeint): „Zweck des Vereins ist die Förderung, der Informationsaustausch, die Selbstkontrolle und die Interessenvertretung der Internetmedizin in Deutschland und deren internationale Vernetzung“. Da ist es wieder, dieses undefinierte Unwort, das sich gebetsmühlenartig durch die gesamte Kommunikation des Verbandes zieht.

Der Begriff Internetmedizin spricht natürlich für sich, und jeder kann sich wohl etwas darunter vorstellen. Aber vielleicht nicht jeder das Selbe. Der Begriff soll scheinbar als großen Rundumschlag alles abdecken, was irgendwie mit Internet und Medizin zu tun hat. Und alles darüber hinaus, und dann auch wieder nicht. „Nutzlose Gesundheitstipps“ braucht natürlich keiner und alles bitte schön „seriös“.

[Edit 01.04.2014: Es gibt mittlerweile eine Definition „Internetmedizin bezeichnet die interaktive Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen unter Nutzung des Internets und seiner Applikationen“. Quelle: Interview veröffentlicht am 18.03.14 auf healthbytes.de]

Die Macher des Verbandes

Ein weiterer Erklärungsansatz findet sich auf einer externen Seite, verfasst von Markus Müschenich, einem der Vorstände des Verbandes. In diesem Artikel wird versucht, eine Entwicklung von Telemedizin über e-Health zur „Internetmedizin“ auf zu zeigen, dabei aber die Begriffe Telemedizin und e-Health, sagen wir mal, sehr individuell für sich auslegt. Die Story von der Internetmedizin als letzten Evolutionsschritt von Technologie im Gesundheitswesen hat schon bei der Präsentation auf der re:publica13 Verstörung bei mir hervorgerufen.

Nun gut, nehmen wir den Begriff „Internetmedizin“ mal als gesetzt hin, und wer in benutzen möchte, kann dies gerne tun. Mir drängt sich nur der Verdacht auf, man wolle etwas neues, quasi eine „eigene Marke“ produzieren. Wir sind Pabst. Wir sind Internetmedizin. Ein weiteres Vorstandsmitglied der Anwalt Sebastian Vorberg, bezeichnet sich selber auch gleich als „Spezialist für Internetmedizin“.


Wer sich ein Bild machen möchte, dem sind auch die weiteren Videos in seinem Youtube-Channel empfohlen, zum Beispiel Internetmedizin ist käuflich.

Im Zusammenhang mit dem Verband sind öffentlich in Erscheinung getreten u.a. noch der Urologe Jens Orthmann und als Institution die Ärztegenossenschaft Nord eG.
Was meines Ermessens in der Gründer- und Vorstandsriege allerdings fehlt, ist Player mit fundiertem technischen Know-how, zum Beispiel der IT-Leiter (CIO) eines IT/Internet-Unternehmens im Gesundheitsbereich oder ein Medizininformatiker.

Und ein weiteres Loch klafft: wo sind Wissenschaft und Forschung? Die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin (DGTelemed) bindet diese klar mit ein und auch bei der Deutsche Gesellschaft für Gesundheitstelematik (DGG e.V.) sind solche Tendenzen feststellbar. Oder zielt man beim BiM auf reine Industrie-Lobby-Arbeit a la Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg e.V.) ab?

Was wurde erreicht? 

Die Ziele (siehe Link oben) sind ehrgeizig aber an sich alle ganz ok. Bisher fehlt aber jeder Hinweis, inwiefern an diesen Zielen gearbeitet wird oder ob sich schon Resultate ergeben haben. „Der Weg des deutschen Gesundheitswesens ins Internet bedarf enger Kooperation und Gesprächsoffenheit aller beteiligten Player. Der Bundesverband Internetmedizin (BiM) soll sich hierfür zu einer zentralen Plattform entwickeln“, ist auf der Webseite zu lesen. Vielleicht kann man im 1. Jahr des Bestehens nicht allzu viel erwarten, aber Ansätze sollten doch deutlich werden. Schließlich setzt sich ein Verein aus Mitgliedern zusammen, die eine Beitrag bezahlen (Einzelperson: 75€, Unternehmen/Institutionen je nach Größe zwischen 175-1.000€ pro Jahr) und dementsprechend auch Anspruch auf ein Feedback haben. Und auch das potentielle Neumitglied könnte durch sichtbare Aktionen, einschließlich mir, von einer Mitgliedschaft überzeugt werden.

Quo vadis, BiM?!

Der Vorstand Müschenich ist seit jeher auf diversen Veranstaltungen im Gesundheitswesen präsent und vertritt dort gerne die Position des Outlaws und fällt durch spektakuläre Äußerungen auf. Zitat vom 9. Gesundheitskongress zur Zukunft des Gesundheitswesen in Deutschland: „Am besten wäre eine gezielte Sprengung!“. Vertrauen bei Kostenträgern und Leistungserbringern wird dadurch sicher nicht geweckt, obwohl man die ja gerne als Mitglieder im Boot hätte (und vermutlich auch bräuchte). Bild in meinem Kopf: Müschenich als Anführer einer jungen wilden Generation, die das Gesundheitssytem endlich grundsätzlich verändern und in die Jetztzeit holen will? So ein bisschen Chaos Computer Club (CCC) und Piraten für das deutsche Gesundheitswesen? Gerne, warum nicht. Aber warum dann so ein biederes „Bundesverband-Konstrukt“ ? Also martert mich wieder die Frage: was wollen die nun eigentlich? Der CCC hat seine Ziele von Anfang an gewusst und ist sich bis heute treu, die Piraten sind an ihrem unklarem Profil gerade von den Wählern abgestraft worden.

Fazit

Der BiM bleibt einer klaren Definition schuldig, was Internetmedizin ist, geschweige denn, wie sie sich von anderen Begriffen abgrenzt, zum Beispiel Telemedizin oder e-Health. Mal werden die Begriffe „gebashed“, dann wieder an anderer Stelle für sich eingenommen.

Die geleistete Arbeit ist für einen „Bundesverband“ etwas dünn. Das wäre ok, wenn man sich etwas dezenter betitelt hätte (sowas wie „Verein zur Förderung der Internetmedizin e.V“). Wer aber den „Bundesverband“ ausruft, weckt Erwartungen und begibt sich in gewisser Weise auch in eine Bringpflicht.

Die Kommunikation des BiM wirkt uneinheitlich, ein klarer roter Faden ist nicht immer erkennbar. Vielleicht ist man sich intern selber noch nicht ganz im klaren, was man genau will (und was nicht). Es wird mehr eine Vision präsentiert, weniger ein fundiertes Konzept.Oder es wurde nicht erreicht, dies adäquat rüber zu bringen.
Mir zumindest nicht.

Ausblick und Gute Wünsche für 2014

Vielleicht werden ja intern im BiM schon Dinge bewegt oder angestoßen, die noch nicht in die Öffentlichkeit getragen wurden und mir daher noch nicht ersichtlich waren. Dann blicke ich gespannt auf das, was 2014 bringen wird.

Zum 2. Geburtstag werde ich sicherlich wieder einen Artikel schreiben. Ich wäre froh, wenn ich diesen guten Gewissens mit „Warum ich mittlerweile Mitglied im Bundesverband bin“ betiteln könnte.

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